Führungspersönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft diskutierten den Aufbau einer neuen Innovations- und Wagniskultur.
Bei den hier veröffentlichten Zitaten handelt es sich um Wortbeiträge und Tweets während des Forschungsgipfels am 28. März 2017 in Berlin.
Veranstaltungsdokumentation als PDF-Download
Fotos: David Ausserhofer
Peter Altmaier
Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes, Berlin
"Wir ehren und respektieren Sportler, die Preise und Medaillen nach Hause bringen, wir ehren diejenigen, die sich als Ehrenamtliche betätigen. Aber ich meine, dass wir auch eine Kultur der Anerkennung entwickeln müssen für diejenigen, die bereit sind, neue Ideen umzusetzen und ins Offene gehen; die es einfach wagen, mit ihrer Idee, ihrem Konzept die Welt zu erobern."
"Wir haben in Deutschland über 40 Jahre lang über die Akzeptanz von Kernkraftwerken und über die Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken diskutiert. Seit Fukushima steht fest, dass diese Akzeptanz nicht vorhanden ist. Wir haben daraus die Konsequenzen gezogen. […] Aber: Was wir für die Zukunft nicht akzeptieren können, ist eine unterschwellig technologieskeptische Haltung, die dazu führt, dass sich junge Menschen, die sich für Innovation und Technologie begeistern, im Freundeskreis dafür rechtfertigen müssen."
Gisbert Rühl
Vorsitzender des Vorstandes der Klöckner & Co SE, Duisburg
"Zunächst einmal heißt Wagniskultur ja auch Risiken einzugehen. Die Entwicklung unserer corporate governance in Deutschland und auch der unternehmensspezifischen Gesetzgebung geht allerdings, muss man sagen, in den letzten Jahren eindeutig in eine andere Richtung. Es geht immer mehr darum, Risiken zu vermeiden."
"Wir haben auch festgestellt, beim Aufbau dieser Plattform, dass es bei weitem nicht ausreicht, nur eben das Frontend zum Kunden hin oder zu den Lieferanten hin zu verändern, sondern wir mussten dann auch rangehen und das ganze Backend, also die ganze interne Organisation, in diese digitale Transformation zu treiben."
Prof. Dr. Birgitta Wolff
Präsidentin der Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Wir müssten sektorenübergreifende Aus- und Weiterbildung ausbauen, weiter fördern, Perspektivwechsel zum Programm machen. [...] Innovationen entstehen letztlich in Köpfen,
weshalb Experten auch mal zwischen den Sphären Wissenschaft, Wirtschaft und Politik wechseln sollten."
Staatssekretär Dr. Georg Schütte
Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bonn
"Unsere Antwort auf Risiko muss sein, dass wir Förderprogramme ausschreiben, wo wir die Möglichkeit des Scheiterns vorher ansagen."
Gerrit Schumann
Digitalchef in der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Handelsblatt, Düsseldorf
"Wenn man wirklich Innovationen will, braucht man eigentlich eine Gruppe von Leuten, im Unternehmen, oder angedockt ans Unternehmen, die sich nur darüber Gedanken machen, wie sie das Unternehmen kaputt machen können. Aus Konkurrenzsicht, aus Marktsicht, aus Trendsicht."
André Schwämmlein
Gründer und Geschäftsführer Flixmobility GmbH, München
"Ich glaube am Ende des Tages werden wir industriellen Wandel nicht mit fein tarierten Förderprogrammen erreichen, sondern damit, dass wir Menschen Mut zugestehen."
Dr. Patrick Illinger
Ressortleiter "Wissen" der Süddeutsche Zeitung GmbH, München
"Manchmal merkt man gar nicht, dass man eine disruptive Innovation vor sich hat."
Prof. Dr. Otmar Wiestler
Präsident Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V., Berlin
"Der Motor all dieser Entwicklungen ist kreative Grundlagenforschung, die neugiergetrieben ist."
Ralf Lenninger
Leiter des Geschäftsbereichs Continental Intelligent Transportation Systems, Continental AG, USA
"Ich glaube es wäre zu einfach zu sagen: Wir entwickeln vor uns hin und haben die Start-ups mit den tollen Ideen und alles wird gut."
Dr. Joana Breidenbach
Aufsichtsrätin der gut.org gAG und Mitgründerin der Spendenplattform betterplace.org, Berlin
"Wir haben festgestellt, dass es eine richtig gute Balance braucht aus Sicherheit und Wagnis, dass wir, glaub ich, alle als Menschen diese Balance brauchen, von Belonging, Zugehörigkeit, Orientierung haben und selbst halten können und aus dieser Sicherheit losgehen können und was neues entwickeln."
Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D.
Vorsitzender der Expertenkommission Forschung und Innovation und Direktor am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb, München
"Wenn wir uns über eine neue Kultur in Wirtschaft und Wissenschaft austauschen, dann liegt die Frage nahe, wie kommen wir an solch eine neue Kultur, an ein agileres Handeln in der Politik? […] Sie sagen, die steuerliche Forschungsförderung sei etwas Schönes. Aber wir warten bis zur Bundestagswahl – und erst dann kommen nochmal alle, die sich jetzt schon einig sind, dass sie das umsetzen wollen zusammen. – Warum machen wir es nicht jetzt?"
Obi Felten
Head of getting moonshots ready for contact with the real world, X (formerly Google X), USA
"Es ist ein Mythos, dass im Silicon Valley die Scheiternden zu Helden werden. Aber es ist so, dass wir besser mit der Angst vorm Scheitern umgehen."
Prof. Jakob Edler
Executive Director Manchester Institute of Innovation Research, University of Manchester, Großbritannien
"Wir wissen aus der Innovationsforschung, das größte Hindernis für Innovation ist die Angst der Unternehmen vor mangelnder Nachfrage. Der Staat könnte viel stärker als aktiver Nachfrager auftreten. Er sollte dazu vorher Diskurse organisieren darüber, welche Innovationen und Technologien wir als Gesellschaft wollen. Tatsächlich ist der Staat aber risikoavers; was wir brauchen ist eine Wagniskultur in der öffentlichen Verwaltung."
Alexander Graubner-Müller
Gründer und Geschäftsführer Kreditech Holding SSL GmbH, Hamburg
"Wir in Deutschland müssen schauen, dass wir ein Technologien-Ökosystem aufstellen, was international führend wird. Momentan sind wir davon weit entfernt. Das liegt an drei Sachen: wir haben momentan keine großen Technologieunternehmen […], uns fehlt das in den digitalen Technologien erfahrene Talent […] und es fehlt an Kapital […] um Firmen groß werden zu lassen. Und hier schließt sich der Kreis, darum kommt das Ökosystem nicht in Schwung. Daher mein Punkt, wir brauchen dringend stärkere Unterstützung um ein wettbewerbsfähiges digitales Ökosystem hier in Deutschland aufzubauen."
Prof. Dr. Friederike Welter
Präsidentin des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn und Lehrstuhlinhaberin an der Universität Siegen
"Wir brauchen kein disruptiveres Innovationssystem, wir brauchen eins das durchlässig ist, das offen ist und das wirklich integrativ ist."
Prof. Jutta Allmendinger, Ph.D.
Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung gGmbH, Berlin
"Wir müssen uns die Frage stellen angesichts der demographischen Entwicklungen, ob ein Bildungssystem am Beginn des Lebens noch reicht oder ob wir nicht ein zweites und drittes Bildungssystem benötigen, so, wie es in einigen wenigen Berufsfeldern schon angelegt ist. Das heißt, eine staatlich mitorganisierte Bildung, die weit mehr ist als bloße punktuelle Weiterbildung."
Dr. Rainer Bischoff
Leiter Konzernforschung KUKA Roboter GmbH, Augsburg
"Trotz chinesischer Investoren sind wir immer noch ein sehr deutsches und europäisches Unternehmen. Der neue Inhaber eröffnet uns aber Marktzugangschancen in einem riesigen Land. Es ist gut, dass der Staat bei einer solchen Übernahme nicht interveniert hat."